Welches Problem wollen wir eigentlich lösen?
Jan 06, 2025Eine der zentralen Aufgaben von Führung ist die Antwort auf eine simple Frage: Welches Problem wollen wir eigentlich lösen? Implizit wird damit auch eine andere Frage beantwortet: Welche Probleme werden wir jetzt nicht lösen? Denn eine Sache gibt es in jedem Unternehmen im Überfluss: Probleme.
Übrigens: Wenn ich von Problemen spreche, meine ich nicht zwingend Dinge, die nicht oder schlecht funktionieren - es können auch schlicht Verbesserungspotenziale sein.
Geschickterweise wird bei der Gelegenheit auch kommuniziert, warum die getroffene Priorisierung aktuell richtig ist. Ich versuche, mal ein paar Beispiele zu geben:
- Wir müssen innerhalb von 6 Monaten einen positiven Cashflow von 100.000€ pro Monat erreichen, weil wir in 1,5 Jahren eine Investition von 10 Mio.€ stemmen wollen und unsere Kreditfähigkeit beweisen wollen. Ist das jetzt das einzige Problem? Vermutlich nicht. Vermutlich ist Mitarbeitergewinnung ein Problem. Und die Kundenzufriedenheit könnte größer sein. Auch die Reklamationsquote ist noch nicht wie gewünscht. Die Abhängigkeit von 3 großen Kunden ist problematisch. Ja, das sind alles sinnvolle Themen. Und es sind alles Themen, die in den nächsten 6 - 18 Monaten in den Hintergrund treten.
- Wir müssen innerhalb von 12 Monaten die EU-Verordnung 0815 umsetzen, weil das Europäische Parlament unser größter Kunde ist und ab nächstem Jahr nur noch Dienstleister beauftragt, welche die Verordnung umgesetzt haben. Ist das das einzige Problem? Vermutlich nicht. Der Kundenstamm könnte differenzierter sein. Die Qualität der eigenen Dienstleistung könnte weniger schwanken. Das Forderungsmanagement könnte fällige Rechnungen zügiger zur Zahlung bringen. Ja, alles sinnvolle Themen - die in den nächsten 12 Monaten in den Hintergrund treten werden.
- Wir müssen kurzfristig einen Data Analyst einstellen und arbeitsfähig machen, um aus den existierenden Daten tatsächlich Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Gibt es weitere Probleme? Natürlich. Der Quellcode müsste aufgeräumt werden. Die Usability ist ausbaufähig. Die Betriebsführung ist nicht geklärt. Ja, alles relevante Themen, die - du ahnst es - in den Hintergrund treten.
Als Führungspersönlichkeit solltest du zwei Fehler vermeiden. Zunächst ist es entscheidend, überhaupt eine Priorisierung vorzunehmen. Wenn du alle Probleme Gleichzeit lösen willst, löst du schlussendlich kein einziges Problem. Danach ist es wichtig, dein gesamtes Team bzw. das gesamte Unternehmen von deiner Priorisierung zu überzeugen und auf den gleichen Kurs einzuschwören. Andernfalls steht die Priorisierung zwar auf irgendeinem Papier, aber in der Praxis macht doch jeder, was er gerade für sinnvoll erachtet. Dieser Punkt ist gerade in Großunternehmen eine echte Herausforderung, da du selten die Möglichkeit hast, in jeden kleinen Winkel hineinzuleuchten - du musst darauf vertrauen, dass deine Mitarbeiter die Botschaft verstanden haben und in deinem Sinne adaptieren und umsetzen.
Über einen Punkt haben wir bislang noch gar nicht gesprochen: Wie sieht die Lösung aus? Nein, ich habe diesen Punkt nicht vergessen. Aber als Führungspersönlichkeit musst du dir nicht im Detail Gedanken über die beste Lösung machen. Frag nach. Lass dir die Lösung erklären. Erkundige dich, warum Lösungsalternativen verworfen wurden. Du wirst sehr schnell feststellen, ob in deinem Sinne gearbeitet wird, oder ob das von dir formulierte Problem schlicht ignoriert wird.
In diesem Sinne: Welches Problem willst du eigentlich lösen? Teile gerne deine Gedanken!
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