Explizites vs. implizites Wissen
Dec 02, 2024In den meisten Unternehmen gibt es eine Fülle an Wissen. Aber nicht immer ist das richtige Wissen zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle. In diesem Beitrag möchte ich dir zwei Methoden an die Hand geben, wie du möglichst viel Wissen des Unternehmens explizit machst.
Beispiele
Vor einigen Jahren haben wir ein neues Gerät für die Reisendeninformation an Bahnhöfen entwickelt, was als Ersatz für die bestehende Generation gedacht war. Wir wurden darauf aufmerksam gemacht, dass es deutlich günstiger wäre, wenn wir die existierenden ca. 6.500 Masten und Halterungen weiterhin nutzen könnten. Wir stellten sicher, dass die Masten das Gewicht des neuen Gerätes verkraften konnten. Aber erst zum Start des Rollouts erfuhren wir, dass wir im Falle eines schwereren Geräts jede einzelne Montage überprüfen mussten – was nicht notwendig wäre, wenn das Gerät das gleiche Gewicht wie das Vorgängermodell hätte. Dies war zwar kein Showstopper, es verteuerte den Rollout aber signifikant.
Oder ein anderer Klassiker. Du startest ein neues Projekt. Du bereitest das Projekt mit deinen Teammitgliedern vor. Du versammelst alle Projektmitglieder und Stakeholder zum Kickoff und stellst Inhalte, Vorgehen und Risiken vor. Du fragst nach weiteren Hinweisen und Risiken und blickst in starre Gesichter.
Einige Monate später ist dein Projekt in der Krise und kurz vor dem Abbruch. Einzelne Teammitglieder murmeln: „Ich habe ja gleich gesagt, dass das Projekt wegen x, y, z nicht klappen kann.“
Dieses Beispiel ist sicherlich die extreme Variante eines verbreiteten Phänomens. Viele Informationen sind im Projekt oder im Unternehmen „irgendwo“ vorhanden, aber sie stehen den Entscheidern zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht zur Verfügung. Dies kann die unterschiedlichsten Gründe haben:
- Die Relevanz der Information wird falsch eingeschätzt.
- Die Information wird für „Allgemeingut“ gehalten (das weiß doch jeder).
- Es wird vergessen, die Information zu teilen.
- Es fehlt die Zeit oder Bereitschaft aller Beteiligten, die anstehende Entscheidung und ihre Konsequenzen zu durchdenken.
- Die Information wird bewusst zurückgehalten.
Die gute Nachricht ist: Es gibt Mittel und Wege, trotzdem die notwendigen Informationen zu erhalten. Zwei Techniken möchte ich dir kurz vorstellen.
Adaptiertes Fischgrätendiagramm
Diese Methode wird üblicherweise in der Problemanalyse genutzt, um die möglichen Ursachen für ein Problem zu identifizieren. Sie wird auch Fishbone Diagram oder Ishikawa-Diagramm genannt. In adaptierter Form erlaubt sie aber auch eine strukturierte Diskussion, welche Tätigkeiten in unterschiedlichen Bereichen notwendig sind, um ein Ziel oder einen Meilenstein zu erreichen. Die Kernelemente sind:
- Struktur: Welche Bereiche müssen grundsätzlich zur Erreichung des Ziels abgedeckt werden? Welche Bereiche/Tätigkeiten dürfen nicht vergessen werden?
- Diskussion: Ideen einzelner Personen werden vom Team aufgenommen und weiterentwickelt.
5-Hows
Diese Methode wird üblicherweise in der Anforderungsanalyse genutzt, um die eigentliche Anforderung zu destillieren und ist dort als 5-Why-Methode bekannt. In adaptierter Form erlaubt sie aber auch eine „Tiefenbohrung“, welche Tätigkeiten von wem zu erledigen sind, bevor eine Aufgabe abgeschlossen ist.
Weitere Tipps
Wann immer du den Eindruck hast, dass es unausgesprochene Meinungen oder Probleme gibt, solltest du dem nachgehen. Das Wissen deiner Projektmitglieder ist zu wertvoll, um es nicht zu nutzen. Die vorgestellten Techniken können dir helfen, relevante Informationen zu identifizieren – auch in Bereichen, in denen du nicht „sattelfest“ bist. Nutze dein Team – gemeinsam könnt ihr nicht nur die Spitze des Eisbergs sehen, sondern den gesamten Eisberg! Ach, es gibt doch diese alte Projektleiterweisheit: Wenn es in deinem Projekt viel zu gut läuft, heißt das nur, dass du die Probleme noch nicht gefunden hast.
Zusätzlich ist es wichtig, eine offene Kommunikation zu fördern. Schaffe eine Atmosphäre, in der sich alle Teammitglieder wohlfühlen, ihre Gedanken und Bedenken zu teilen. Regelmäßige Meetings und informelle Gespräche können helfen, versteckte Probleme und wertvolle Informationen ans Licht zu bringen. Denk daran, dass jedes Teammitglied eine einzigartige Perspektive hat, die zum Erfolg des Projekts beitragen kann.
Sei proaktiv in der Suche nach Feedback und ermutige deine Kollegen, ihre Ideen und Vorschläge offen zu teilen. Auf diese Weise kannst du sicherstellen, dass keine wichtigen Informationen übersehen werden und dass alle Beteiligten sich wertgeschätzt und gehört fühlen.
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